In Rücksprache mit Voigtländer war ursprünglich geplant, das Objektiv bei der Luminale 2020 in Frankfurt am Main zu testen. Da das Corona-Virus meinen Plan über den Haufen geworfen hat, die Luminale wurde nämlich einen Tag vor meiner Anreise gecancelt, musste ich mit meinen Kumpels andere Motive suchen gehen. Glücklicherweise bieten Großstädte genug Raum, um Standardbrennweiten sinnvoll und abwechslungsreich zu nutzen.

Die Erkenntnis, dass die 35 mm und 50 mm Brennweiten hervorragende Reportage und Street-Brennweiten sind, ist jedem bewusst, der sich etwas mehr mit dem Genre beschäftigt. Daher war ich dankbar, dass Voigtländer mir das Objektiv für die Straßen von Frankfurt zur Verfügung gestellt hat.

Konstruktion und Handhabung

Das Voigtländer 50mm f/2 APO-Lanthar soll so ziemlich die Spitze der optischen Qualität von Voigtländer darstellen. Voigtländer schreibt selbst dazu, dass „zwei asphärische Linsenelemente, fünf mit anormaler Teildispersion, ein integriertes Floating-Focus-System und eine optische Rechnung, die chromatische Aberrationen auf nahezu Null reduzieren“. Darüber hinaus sollen die insgesamt 12 Blendenlamellen über eine spezielle Form verfügen, sodass nicht nur bei Blende f/2 sondern auch bei Blende f/2.8 eine kreisrunde Öffnung entsteht.

Das Objektiv verfügt über elektrische Kontakte, mit denen die Objektiveinstellungen bei der Bildaufnahme in die Exif-Informationen der Bilddaten einbezogen werden. Der große Vorteil der Kontakte ist, dass sich beim Drehen des Fokusrings das Fokus-Peaking zur ultra-präzisen Fokussierung öffnet. Das klappt nicht nur am 50 mm APO wunderbar, sondern an allen aktuellen E-Mount-Objektiven. Erwähnenswert ist auch, dass zwei Objektivdeckel mitgeliefert werden. Eins für das Objektiv selbst und eins für die Gegenlichtblende. Die Gegenlichtblende selbst ist aus dem gleichen Material wie das Objektiv (Metall) und somit äußerst robust und gut aussehend.

Wie bereits bei meinen anderen Voigtländer-Review-Objektiven der neusten Generation sind Materialwahl und Verarbeitung hervorragend. Voigtländer baut aus haptischer Sicht m. E. die derzeit besten Objektive für Sony E-Mount. Das zeigt sich auch beim APO-Lanthar 50 mm f/2. Der Fokusring lässt sich butterweich bewegen, der Blendenring rastet satt ein und das Oberflächenmaterial aus matt-schwarz lackiertem Metall wirkt robust und ist dabei in der Handhabung schön griffig. Das 364 g schwere und dabei recht kurze Objektiv ist an meiner Sony a7 III sehr gut ausbalanciert. Auch nach mehreren Stunden der Nutzung habe ich nichts zu meckern gehabt.

Die Bildqualität

Ich hatte es bereits oben erwähnt, dass diesbezüglich Voigtländer richtig einen raushauen wollte. Gemäß Webseite lag das Ziel in der Entwicklung einer Abbildungsleistung auf allerhöchstem Niveau, ohne konstruktionsbedingte Kompromisse einzugehen. Wurde das erreicht?

Nach meinen Erfahrungen ja. Das 50 mm APO-Lanthar ist knackscharf und weist keine störenden chromatischen Aberrationen auf. Ich habe auch keine perspektivische Verzeichnung feststellen können, was jedoch bei 50 mm recht normal ist. Bei Offenblende vignettiert das Objektiv sichtbar, was zwischen f/4 und f/8 so gut wie weg ist. Vignetten stören mich persönlich nicht, weswegen ich auch oft und gern mit Blende f/2 fotografiert habe. Im Gegenteil, ein organischer Lichtabfall sorgt bei dem Objektiv für einen Bildlook mit einem coolen und nicht so klinischen Charakter. Die 12 strahligen Sonnensterne  (wg. der 12 Blendenlamellen) gefallen mir auch sehr gut. Optisch ist das Objektiv also nicht perfekt, kommt aber nah dran.

Fazit 

Der Gesamteindruck fällt sehr positiv aus. Zwar wäre für manche Fotografen eine etwas größere Offenblende wünschenswert, aber bei Bedarf können Interessenten auch zu dem neuen Voigtländer 50 mm f/1.2 greifen. Die Blende von f/2 sorgt für einen guten Kompromiss zwischen Kompaktheit und Lichtstärke. Was aber fehlt ist eine Gummilippe am Bajonett, um dem robusten Objektiv etwas mehr Wetterfestigkeit zu verleihen. Eine fehlende Gummilippe trübt aber nicht meinen umfassend guten Gesamteindruck des APO-Lanthar. Gerade als Immerdrauf für Fotografen, die keine Angst vor manuellen Optiken haben, eignet sich das Objektiv perfekt. Die Handhabung im urbanen Umfeld ist fantastisch. Ich habe in Frankfurt keinen mm Brennweite vermisst. Es war gewisser Maßen auch befreiend, nicht andauernd an meinen kleinen Objektiv-Park denken zu müssen.

Mir hat das Objektiv Spaß gemacht und ich kann es ohne Abstriche empfehlen.

/ Steffen Hampe

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